So, liebe Studierenden, jetzt geht es weiter.
Ich rede jetzt mittlerweile schon zwei Stunden oder ein bisschen länger.
Ich hoffe, dass die Kraft reicht.
Ich muss das ja alles kompakt aufzeichnen.
Jetzt haben wir einen dicken Brocken vor uns, Hegel.
Ich fange ganz einfach an.
Das Einfachste ist immer die Biografie, die jetzt aber auch nur sehr skitzenhaft
hier vorgebracht werden soll.
Hegel, geboren 1770 in Stuttgart in einer gut bürgerlichen Familie.
Zum Studium geht er dann nach Tübingen und jetzt wird es schon so ein bisschen spektakulär,
denn in Tübingen lebt er im evangelischen Stift in engster Wohngemeinschaft zusammen
mit zwei anderen bekannten Figuren, Hölderlin und Schelling.
Das hat natürlich die Fantasie immer wieder sehr beflügelt, sich vorzustellen,
diese drei Hegel, Hölderlin, Schelling sozusagen in Wohngemeinschaft über lange Zeit hinweg,
also Jugendliche, engstens zusammen.
Und sie haben sie auch als Gemeinschaft verstanden.
Also nicht nur waren sie faktisch zusammengespannt, sondern hatten gemeinsame Projekte,
aus denen dann im Einzelnen aber auch wieder sehr unterschiedliches wurde.
Hölderlin war Fritz, der wurde bekanntlich Dichter, ein Dichter, der an der gottlosen Gegenwart litt
und die Erlösung erwartete, vielleicht auch nicht wirklich erwartete,
irgendwie von einer imaginären Wiederkunft, Wiederkehr der griechischen Götter.
Am Ende geriet er immer mehr auch in geistige Umnachtung, endete dann im Hölderlin-Turm in Tübingen am Neckar.
Schelling wird ähnlich wie Hegel einer der großen idealistischen Systemdenker.
Sein Denken entwickelt sich dann allerdings immer mehr in Richtung auch einer Naturmystik.
Also es geht immer stärker auseinander, Schelling und Hegel.
Und dann eben Hegel.
Hegel, der dritte im Bunde, der langsamste im Bunde, Hegel war kein Wunderkind, anders als Schelling.
Schelling ist sehr früh als Jugendlicher schon publizistisch bekannt geworden,
hat seine Fangemeinde aber auch Gegner, also hat sehr polarisiert.
Hegel hat in den ersten 30 Jahren seines Lebens kaum publiziert, also Baskitzen gemacht.
Also bei Hegel ist er bedächtig, langsam, ja, hat ein ausgeglichenes Temperament,
also charakteristisch seine Geselligkeit, hat auch öfter gerne ein Glas Wein getrunken mit anderen,
seine Zeit in Kaffeehäusern verbracht, also ein geselliger, eher gemütlicher Typ,
vielleicht der ausgeglichenste von den drei und
in diesem ausgeglichenen Temperament das glatte Gegenteil übrigens zu Fichte.
Mit seinem, also Fichte, wie wir gesehen haben, voranstürmend,
mit der Neigung auch zu extremen Zuspitzungen ganz anders hier Hegel.
Also diese drei, die da im Tübinger Stift zusammenleben und sich irgendwie auch als Gesinnungsgenossen
für gemeinsame Projekte begeistern, teilen zunächst mal, wie viele andere Intellektuelle der Zeit,
den Enthusiasmus für die französische Revolution.
Das war ja schon bekannt so, bei Fichte vielleicht noch ausgeprägter,
also aber auch hier Hegel, Schelling, Hölderlin sind Anhänger der französischen Revolution,
jedenfalls ihrer Prinzipien.
Gemeinsam rezipieren sie dann auch Kant.
Wir sind ja in den 1790er Jahren, also Kant ist der tonangebende Philosoph, der neue Philosoph,
in vieler Hinsicht umstürzend in dem, was er sagt, mit seinem dezidierten Freiheitsdenken beispielsweise
und also wie Fichte bei Kant ansetzt, so auch die anderen, insbesondere dann auch Hegel.
Also man setzt bei Kant an, man setzt sich mit ihm auseinander, also die Kantlektüre ist prägend,
fühlt dann aber auch zu Distanzierungen, also zu einer Kritik, wie wir das ja bei Fichte schon gesehen haben,
Fichte denkt, Kant ist nicht radikal genug, Kant bleibe in Halbherzigkeiten stecken
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:00:52 Min
Aufnahmedatum
2020-04-08
Hochgeladen am
2020-04-09 08:41:02
Sprache
de-DE